Wie alles begann

Als ich vor einiger Zeit durch die großen Weiten des Kabelfernsehens zappte, stieß ich auf eine spannende Dokumentation über moderne Verkehrskonzepte für Städte. Ein Experte sprach da von „Fahrzeugen mit höherem Besetzungsgrad“. So schnell konnte ich gar nicht schauen, begann es in meinem Kopf schon zu rattern:

Aha, interessante Wortwahl. Was er damit wohl sagen will? Man kann ja schon erahnen, was er damit sagen will… aber warum sagt er es so, wie er es sagt?

Konkret ging es in diesem Fall um einen Vergleich mit den amerikanischen Fast Lanes. Eine spezielle Fahrspur auf Autobahnen, die „Fahrzeugen mit höherem Besetzungsgrad“ vorbehalten ist. Einfach gesagt: Nur Autos mit mehreren Insassen dürfen diese Fahrbahn nutzen, um schneller durch die tägliche Rush Hour zu kommen. Gleichzeitig werden Pendler ermutigt, Fahrgemeinschaften zu bilden und so die Umwelt zu schonen.

Sind Sie noch da?

Kennen Sie das? Sie lesen einen Satz und wissen am Ende nicht mehr, was am Anfang stand. Oder Sie hören jemanden sprechen und können der Person einfach nicht folgen. Zwei der vielen Folgen von komplizierten Inhalten oder unklarem Aufbau.

Auszug aus dem Patentrezept für unklare Kommunikation: Lange Sätze, viele Fachausdrücke und Abkürzungen, Umschreibungen, monotones Sprechen, ein fehlender roter Faden oder fehlende Struktur für den Leser oder Zuhörer.

Aber woher kommt das Bestreben, kompliziert zu formulieren? Diese Frage bringt uns gleich zum heutigen Mythos.

Wer kompliziert spricht oder schreibt, wirkt seriös und überzeugend.

Hin und wieder bemerke ich, dass der Gedanke, so simpel und verständlich wie möglich zu formulieren, nicht sofort auf Gegenliebe stößt. Es wurde so viel Zeit, Geld, Leidenschaft und Expertise in das komplexe Produkt oder die ausgereifte Dienstleistung gesteckt. Da tut unter Umständen der Gedanke zuerst weh, jetzt alles wieder herunterzubrechen.

Aber ging es Ihnen schon einmal so, dass Sie dachten „Wow, wie eloquent diese Person ist. All diese Fremdworte und komplizierten Formulierungen. Ich weiß zwar nicht wirklich, was die Person mir sagen will, aber ihr Produkt muss einfach toll sein.“? Nein? Mir auch nicht.

Das war natürlich etwas überspitzt formuliert, aber im Kern kennen wir dieses Phänomen alle. Wenn wir unserem Gegenüber nicht vertrauen oder das Produkt nicht verstehen, kaufen wir es nicht. Das geht uns schon im privaten Bereich so. Von großen, erfolgsentscheidenden Investitionen im betrieblichen Umfeld mal ganz abgesehen.

Zeit für eine Grundsatzentscheidung

Treffen wir also mal eine Grundsatzentscheidung: Möchte ich durch kompliziertes Formulieren möglichst eloquent, kompetent und seriös wirken oder möchte ich Menschen erreichen. Aber müssen wir uns wirklich entscheiden?

Simpel bedeutet nicht plump oder kindisch. Die große Kunst ist es, komplexe Dinge verständlich und greifbar zu machen, nicht simple Dinge zu verkomplizieren. Wenn Sie auf Ihre Zielgruppen eingehen und Ihre Botschaften verständlich und verbindlich kommunizieren, versteht ihr Gegenüber auch Ihre Kompetenz und Expertise.

Es ist also gar keine Grundsatzentscheidung, sondern die Königsklasse der Kommunikation: die gelungene Verbindung von Klarheit, Verständlichkeit, Authentizität und Menschlichkeit.

Haben Sie also Mut zur „Simplicity“. Es muss nicht immer das Fahrzeug mit höherem Besetzungsgrad sein.

Übrigens: Zum Thema Klarheit und Zielgruppen nehme ich Sie in einem der nächsten Blogbeiträge mit auf einen Ausflug in das Technikfachgeschäft meines Vertrauens. Bleiben Sie also dran und gespannt.

Bereit für den Mut zur „Simplicity“? Reden wir gleich darüber.

 

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